Eine generelle Kritik am Zensus 2011 fänden wir ja durchaus wünschenswert, was allerdings der Soester Anzeiger in der heutigen Ausgabe unreflektiert publiziert eher erschreckend. Dort darf der „Vertriebenen-Chef Jürgen Schultz“ seine reaktionäre Rassenideologie in einem Interview unkommentiert verbreiten.
Seine Kritik an der Volkszählung beruht darauf, dass er durch eine Frage über seinen Aufenthaltsort vor 1955 doch tatsächlich zu einem „Menschen mit Migrationshintergrund“ wird. Dieser Umstand wäre für „Spätaussiedler“ wie ihn sehr verletzend, schließlich seien dies „reine Deutsche“, welche „bei den Migranten einfach nicht richtig aufgehoben“ seien.
Dieses kurze Interview zeigt daher die stark durch den Nationalsozialismus geprägte Rassenideologie, welche Schultz und der BdV bis heute verinnerlicht haben. So beruht in ihrem Weltbild, in schönster NS-Manier, die Volkszugehörigkeit auf Abstammung und der Unterscheidung zwischen „reinen Deutschen“ und „Menschen mit Migrationshintergrund“ wird ein hoher Stellenwert zugemessen.
Ein solcher Verbund von Reaktionären, welcher bis heute eine ehrliche Vergangenheitsbewältigung in den eigenen Reihen verhindert, darf nicht weiter durch Bundesmittel gefördert werden.
----------------------
Hier der Artikel aus dem Soester Anzeiger vom 16.04.2011:
Spätaussiedler sind verletzt
Interview. Vertriebenen-Chef Jürgen Schultz kritisiert Fragestellung bei Zensus.
Soest. Bei der nächsten Volkszählung im Mai werden auch die Spätaussiedler nach ihrem Herkunftsland gefragt. Im Fall der nach 1955 gekommenen Menschen wird das dann zum Beispiel Polen oder Russland sein. Die Vertriebenen üben scharfe Kritik daran, dass sie damit zu „Menschen mit Migrationshintergrund“ abgestempelt werden. Achim Kienbaum sprach darüber mit Jürgen Schultz vom Bund der Vertriebenen.
Die von ihnen vertretenden Spätaussiedler fühlen sich verletzt, weil sie mit Zuwanderern und Menschen mit Migrationshintergrund gleichgesetzt werden? Was verletzt Sie denn daran?
Schultz: Die Menschen die in den 50er- und 60er-Jahren aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten hierher gekommen sind und Flucht und Vertreibung nicht mehr mit gemacht haben, das waren ja reine Deutsche. Das gilt auch für die Deutschen aus Russland. Die sind bei den Migranten einfach nicht richtig aufgehoben.
Über wie viele Aussiedler reden wir hier noch, die bei der Zählung erfasst werden würden?
Schultz: Im Kreis Soest werden das sicher noch ein paar hundert Menschen sein, bundesweit sind das noch Tausende.
Wie stellen Sie sich denn die differenzierte Fragestellung vor, die Sie einfordern?
Schultz: In dem Fragebogen heißt es bislang nur: Wo haben sie vor 1955 gelebt? Da müssen auch die Deutschen natürlich Polen angeben. Aber natürlich sind in der Zeit auch viele Polen gekommen, die auch diese Antwort abgeben müssen. Es muss eine Fragestellung gefunden werden, die diesen Unterschied deutlich macht.